victoria_still__1.15.1Victoria | 62:00 min | 2018

The hypnotic wasteland of Southern California is infused with the free-spirited nature of Easy Rider, the alienation and uprootedness of Michelangelo Antonioni, and the deep transcendence of Werner Herzog. It speaks to us through fragments of dialogues from iconic films, and yet it remains elusive and dissolves into abstract shapes, rhythms, and compositions. The landscape as a captivating and intangible, all-encompassing and insubstantial yet full emptiness becomes the means for the transgressive experience of two temporalities – the “real” time of people and the time of natural processes.

„How much further do we have to go? I don´t know. Not much further. That´s what you said this morning. I sometimes say it all day. Really? You say it all day? We don´t have much longer. We´ll be there soon.“ (L. Marxt)

 

Victoria ist ein zugleich reduzierter und überaus vielschichtiger Film. Er beginnt im Auto. Wir sehen eine Stadt bei Nacht und kurz darauf die Straße durch die Windschutzscheibe. Der Dialog in Form von Untertiteln setzt sein, und nachdem er abgeschlossen ist, sehen wir eine von einer sich bewegenden Lichtquelle nur spärlich beleuchtete Szenerie, die enigmatisch bleibt. In der darauffolgenden Aufnahme kreist das Auto im Dunkeln um einen Mittelpunkt und leuchtet mit einer am Fahrzeug montierten Lichtquelle auf den Boden. Ein Bild, das an Marxts Videoarbeit Circular Inscription (2016) erinnert, in dem das menschlich-technische Eingreifen in die Landschaft als dominantes, irreversible Prägung vorgeführt wird. Hier markiert diese abgedunkelte Variation dieser Szene den eigentlichen Beginn von Victoria. Denn was man bisher nicht wusste, ist dass alles, was vorher passiert ist, eigentlich nur ein Vorspann war.

Marxt operiert in Victoria auf drei Ebenen: einer bildnerisch-filmischen, einer auditiven und einer textlich-sprachlichen Ebene. Die Ebenen folgen dabei Logiken der Wiederholung, Redundanz, Reduktion und der Bedeutungsverschiebung. Und diese Logiken wiederum wenden Codes wie vertraut/fremd, nah/fern und endlich/unendlich an. Die Verschränkung dieser Logiken und Codes hat den Effekt, dass die Erfahrung des Films Zustände informierter Orientierungslosikgeit, vertrauter Fremde oder mit Bedeutung aufgeladener Bedeutungslosigkeit hervorruft, die das Fortschreiten des Films zu einer permanenten Stimulation von Erwartungen werden lässt.

Die Untertitel, die v.a. aus Zitaten aus einschlägigen Roadmovies wie Easy Rider, Zabriskie Point, Figures in a Landscape und Fata Morgana zusammengestellt sind, was aber erst die Credits am Ende des Film preisgeben, suggerieren eine dialogische Struktur. Es gibt das “I” und das “You”, die sich – scheinbar und teilweise in Floskeln – über die verbliebene Strecke, das Ziel, die bergige Landschaft oder darüber unterhalten, wie es wäre, wenn die Gedanken Pflanzen wäre. Schnell wird deutlich, dass die Sätze sich wiederholen, dass sie zusammengeschnitten sind, und nirgendwo hinführen. Das Wiederkehren der Dialoge mündet in einen semantischen Überdruss, der fast emblematisch für das steht, was sich auf der Bildebene ereignet.